Sonntag, 8. Juni 2008
Ist Kunst subjektiv?
Zwei Blog-Beiträge haben mich wieder über den Kunstbegriff nachdenken lassen. Der eine stammt von mari, die bedauert, dass sie ihren Garten nicht so malen kann wie van Gogh und der andere beschäftigt sich mit der subjektiven Einschätzung eines Kunstwerks durch die Kunsterzieherin von Ulrikes Tochter Anni.
Wikipedia erklärt uns zunächst einmal den Kunstbegriff:
Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede hochentwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Ãœbung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist (Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses. Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selber sein.
Ausdrucksformen und Techniken der Kunst haben sich seit Beginn der Moderne stark erweitert, etwa mit der Fotografie in der Bildenden Kunst. Bei den Darstellenden Künsten, Musik und Literatur lassen sich heute auch die Ausdrucksformen der Neuen Medien dazuzählen, etwa Hörfunk und Fernsehen. Die klassische Einteilung verliert spätestens seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhundert in der Suche nach dem Gesamtkunstwerk aber an Bedeutung, Kunstgattungen wie die Installation oder der Bereich der Medienkunst kennt die klassischen Grundformen nicht mehr.
Viele bewundern die Werke der Klassiker wie Monet, van Gogh, Rembrandt, Chagall, Miro, Picasso etc. um nur einige zu nennen. Sie alle hatten zu ihrer Zeit, in ihrer Epoche eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung ihrer Umgebung und Zeitgeistes, was sie in ihrer subjektiven Art in unterschiedlicher und mannigfaltiger Art mit ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zum Ausdruck brachten. Nur so ist auch die Bandbreite der geschaffenen Kunstwerke zu begreifen. Jeder Maler ein kleiner oder großer Künstler, ein Individuum so einzigartig und vielfältig wie der Mensch selbst. Und jeder hat auf seine, ureigenste Weise etwas erschaffen. Ob wertvoll oder nicht, das lassen wir dahingestellt, das hat die Nachwelt mehr oder weniger bestimmt. Van Gogh hat keinen nennenswerten Unterricht in Malerei erhalten. Seine Kenntnisse und Fähigkeiten erarbeitete er sich autodidaktisch und seine ersten Zeichnungen waren eher unbeholfen als von künstlerischem Talent gesegnet. Von seiner Kunst leben, konnte er erst recht nicht, sie fand in dem damals etablierten Kunststil keine Beachtung.
Eng verbunden mit der Kunst ist die Kreativität. Der Ursprung des Begriffs Kreativität geht auf das lateinische Wort creare zurück, was so viel bedeutet wie "etwas neu schöpfen, etwas erfinden, etwas erzeugen, herstellen".
Kreativität ist laut Joy Paul Guilford und seinen Kollegen jede neue, noch nicht da gewesene, von wenigen Menschen gedachte und effektive Methode, ein Problem zu lösen, bzw. die Miteinbeziehung von Faktoren wie Problemsensitivität, Ideenflüssigkeit, Flexibilität und Originalität. Demzufolge wäre Kreativität die zeitnahe Lösung (Flexibilität) für ein Problem mit ungewöhnlichen, vorher nicht gedachten Mitteln (Originalität) und mehreren Möglichkeiten der Problemlösung (Ideenflüssigkeit), die für das Individuum vor der Problemlösung in irgendeiner Weise nicht denkbar ist (Problemsensitivität). (vgl. wikipedia)
Kehren wir nun zu unserem Ausgangspunkt zurück. Mari hat Pech, sie wird genauso wenig wie ich die Kunst des Malens á la van Gogh erlernen, weil wir in einer anderen Kultur, unter unterschiedlichsten Einflüssen der modernen Zeit aufgewachsen und beeinflusst worden sind und auch die Materialien der damaligen Zeit uns nicht zur Verfügung stünden, es sei denn wir belegen zusammen ein Kunstfälscherseminar. Kunstfälscher gab es auch in allen Kunstepochen und Stilrichtungen. Dennoch ist Mari künstlerisch sehr begabt, davon kann sich jeder ein Bild auf ihren Webseiten machen. Grafisch eine Extraklasse, aber nicht mit Farbe und Pinsel, sondern mit Grafik – und Computerprogrammen, die wiederum kannte ein van Gogh nicht …smile. Beneidenswert auch ihre Begabung in der Lyrik. Ich denke, sie kann damit leben.
Was Anni und ihre Collagen angeht, da muss die Kunsterzieherin vielleicht mal diesen Artikel lesen. Will sie ihrem persönlichen Geschmack angepasste Kunst (so etwas hatten wir auch schon mal zu Propagandazwecken) oder will sie das heranwachsende Mädchen in ihren Talenten fördern, ihre Kreativität hervorheben und versuchen auch diese zu deuten und zu verstehen? Sollten technische Mängel die Ursache des "Missverstehens" sein, dann müsste man schon im Vorfeld mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen.
Für Anni hätte ich einen Vorschlag. Installationen sind zurzeit ja en vogue. Bei Michael vom seeblog habe ich einen Vorschlag gefunden, wo die Kunsterzieherin auf der Plattform des erweiterten Kunstbegriffs selbst Mittelpunkt der Installation sein kann. (Tod, Blut und Tierquälerei in der Kunst)
Dieser Artikel von Michael war die Reaktion auf die Installation von Guillermo Vargas Habacuc (Künstler lässt Hund verhungern) und nur für ganz Hartgesottene hätte ich noch (Die Grenze der künstlerischen Freiheit endet hier!), wo eine Katze einfach ertränkt wird. Ich wäre auf die Note der Kunsterzieherin gespannt.
Nach so viel Theorie will ich auch gerne meine "künstlerischen" Ambitionen vorstellen. Kunst gehörte in meiner Schulzeit neben Musik und Sport zu meinem Favoritenfach. Gerne erinnere ich mich noch an meinen alten Kunsterzieher, von dem ich viel lernen konnte. Früher habe ich viel mit Kohle und Tusche gezeichnet, heute beschränkt sich mein Tätigkeitsfeld auf die Aquarellmalerei, wenn ich Zeit finde und eigentlich jetzt mehr auf die Fotografie. Kostproben findet ihr unter der Kategorie ge.malt in der Navigationsleiste und heute hier ...
Diese Bild entstand während der Oympischen Spiele 1992 in Barcelona(s. kleines Olympia-Logo an der Mauer rechts), ich machte gerade Urlaub auf Mallorca, wo solche Hauseingänge typisch für die Inselhäuser sind.
Beeindruckt von den vielen Mohnfeldern und Blumenwiesen auf Mallorca entsprang dieses Bild mit südländischem Charakter 1994 einfach meiner Fantasie.
Kommt gut in einen unterhaltsamen Abend.
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Der wahre Künstler stellt sich die Frage gar nicht, ob sein Werk verstanden werden wird oder nicht.
Adalbert Stifter, Der Nachsommer
Jede echte Kunst ist oder war in ihrer Zeit modern, herausfordernd und neu, wies hin auf den dauernden Wandel im Sehen und Fühlen.
Josef Albers, Homage to the Square
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