Immer dankbar bin ich, wenn Gästbuchkommentare meine Sichtweise auf den Punkt bringen.
Ulrike machte gestern noch einmal deutlich als sie schrieb: "Glück zu definieren - ein schier unmögliches Unterfangen. Zumindest für mich, lieber Lucki, denn: finden wir es nicht nur in uns selbst und müssen es von daher auch selbst definieren, jeder auf seine eigene Art? ... Und darum wünsche ich auch gern Zufriedenheit - weil es für mich eigentlich alles enthält, was ein Mensch braucht um seine Mitte zu finden und zu halten."
Recht hast, liebe Ulrike, Zufriedenheit, das scheint mir auch ein Schlüsselwort zu sein. Einer, der kein Lotto spielt, der kann auch kein Glück im Spiel haben, aber dennoch sehr zufrieden mit sich, seinem Leben und der Welt sein. Was nichts anderes bedeutet als Einklang mit sich und seiner Umgebung.
Unsere Dichter und Denker haben dazu auch ganz unterschiedliche Ansätze ...
Das Ideal
Ja, das möchste:
Â
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:
Neun Zimmer - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.
Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.
Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.
Ja, das möchste!
Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.
Etwas ist immer.
Tröste dich.
Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten.
Kurt Tucholsky (1927)
..daneben gibt es auch die fatalistische Sichtwiese oder diejenigen, die ihr Leben in Gottes Hand legen ...
Zum neuen Jahr
Wie heimlicher Weise
Ein Engelein leise
Mit rosigen Füßen
Die Erde betritt,
So nahte der Morgen.
Jauchzt ihm, ihr Frommen,
Ein heilig Willkommen,
Ein heilig Willkommen!
Herz, jauchze du mit!
In Ihm sei's begonnen,
Der Monde und Sonnen
An blauen Gezelten
Des Himmels bewegt.
Du, Vater, du rate!
Lenke du und wende!
Herr, dir in die Hände
Sei Anfang und Ende,
Sei alles gelegt!
Mörike, Eduard (1804-1875)
Kommt gut in die erste Arbeitswoche im neuen Jahr.
.............................................
Wenn ein Jahr nicht leer verlaufen soll, muss man beizeiten anfangen.
Johann Wolgang von Goethe (1749-1832)
Kommentare