Montag, 20. November 2006
Nebelschwaden
Nebelschwaden
Nebel hängt wie Rauch ums Haus
Drängt die Welt nach innen;
Ohne Not geht niemand aus,
Alles fällt in Sinnen.
Leiser wird die Hand, der Mund,
Stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund,
Träumen Mensch und Erde.
Christian Morgenstern
Euch allen einen angenehmen Wochenstart mit gutem Durchblick!
Dienstag, 7. November 2006
Herbst
Ein Sommer scheint schier endlos zu sein, besonders, wenn er auch noch schön ist. Sommer, das ist Leben, der Mensch in seinen besten Jahren. Fühling ist eine gewisse Vorfreude darauf, und der Winter ist die Hoffnung, dass demnächst alles wieder von vorne beginnt. Herbst aber, das ist Alter, ist eine Zeit vor dem Sterben - Vergänglichkeit. Die Herbstzeit macht nachdenklich, wehmütig, traurig und trüb. Die Dichter lieben ihn dafür und singen ihm nachdenkliche, wehmütige Lieder. Traurige Lieder klingen bedeutungsvoller als lustige. Auch die Fotografen und Maler lieben ihn, taucht er doch die Landschaften in unvergesslich bunte Farben ....
Herbst
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wußt' es kaum, warum.
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Durchs Feld vom Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht' ich: deine Freude
Ward so des Windes Raub.
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich floß ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt' ich's wie Trost mir dringen
Zum Herzen wundersam.
Es mahnt' aus heller Kehle
Mich ja der flücht'ge Gast:
Vergiß, o Menschenseele,
Nicht, daß du Flügel hast.
Emanuel Geibel (1815-1884)
Montag, 6. November 2006
November
November
Solchen Monat muß man loben;
Keiner kann wie dieser toben,
keiner so verdrießlich sein,
und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
keiner so mit Sturmwind graulen!
und wie naß er alles macht!
Ja, es ist ´ne wahre Pracht.
Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter,
wie sie tanzen in dem Wind
und so ganz verloren sind!
Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
und die durcheinanderwirbelt
und sie hetzt ohn´ Unterlaß;
Ja, das ist Novemberspaß!
Seidel, Heinrich (1842-1906)
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