Nur noch 149 Tage sind es bis zur Fußball-WM in Deutschland und auch in Gelsenkirchen. Deshalb hatte die "Stiftung Warentest" gestern ihre Untersuchung unter dem Titel "Sicherheit in den WM-Stadien vorgestellt und damit ein gewaltiges Echo ausgelöst. Die Gelsenkirchener Veltins-Arena gehörte laut Testbericht zu den vier schlechtesten WM-Stadien. Also Note 5.
Städtische Behörden und Schalke 04 reagieren empört auf die Untersuchung der Stiftung Warentest: "Das Vorgehen der Stiftung war mangelhaft". Spätestens seit gestern gibt es zwischen Schalke 04 und der Stiftung Warentest absolut unterschiedliche Ansichten schon allein über die Beurteilung und Auslegung geltender Gesetze und Vorschriften.
Der Veltins-Arena werden mangelnde beziehungsweise keine Fluchtmöglichkeiten auf das Spielfeld im Falle einer Massenpanik attestiert. Zudem seien Fluchtwegführungen von den Logen- und Businesstribünen nur über den Innenbereich möglich. Beim Brandschutz gäbe es dann noch im Gastronomiebereich zu wenige Rauchabschnitte und viele vermeidbare Brandlasten.
"Die Arena sei selbstverständlich streng nach geltendem Recht und Gesetz gebaut worden", so die Verantwortlichen "und man habe in Deutschland im Vergleich zu unseren Nachbarländern die mit Abstand härtesten Bauvorschriften und Sicherheitsbestimmungen."
Sehr verwundert zeigte man sich darüber, dass sich die Stiftung Warentest zu keinem Zeitpunkt mit der Stadt als Genehmigungsbehörde in Verbindung gesetzt hat. Die Baugenehmigung sei in vollem Einklang mit den heute gültigen Vorschriften des Baurechts und der Versammlungsstättenverordnung. Zudem liege dem Gesamtbrandschuztkonzept ein umfangreiches Brandschutzgutachten vom Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig zugrunde, das durch Realversuche in der Arena untermauert worden sei. Ohnehin habe sich die Bauordnungsbehörde mehrerer Sachverständiger bedient und in engster Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei das Konzept entwickelt.
Die Wertung der Stiftung Warentest beruhe unter anderem auf der Grundannahme, dass eine Entfluchtung nur in den Innenraum möglich ist. Diese Grundannahme halten die Betreiber allerdings für falsch. Damit ist der Wertung der Boden entzogen. Die Arena ist aus ihrer Sicht ein sicheres Stadion. "Sollte die von der Stiftung aufgestellte These, dass die Besucher in den Innenraum entfluchten, richtig sein, dürfte es keine Stadien mit einem zweiten oder dritten Rang geben, da die Besucher im Panikfall über die Brüstung stürzen würden." Es geht also um die Frage: Tritt der Mensch die Flucht nach vorn an oder eben nicht? Ja, sagt die Stiftung, und hat entsprechende Rettungswege vermisst. Das Sicherheitskonzept der Veltins-Arena fußt auf den Untersuchungen verschiedener Gutachter, dass Zuschauer im Panikfall immer den Weg nehmen, den sie gekommen sind. Und unter diesem Aspekt seien die Fluchtwege gut präpariert, wie auch Gelsenkirchens stellvertretender Feuerwehrchef bestätigte. Befremdet zeigte sich man u.a. auch darüber, dass die gesamte Warentest-Untersuchung lediglich auf einem knapp fünfstündigen Besuch zweier Mitarbeiter der Stiftung am 20. September 2005 basiere und auf die Bitten seitens der Betreiber, auch die entsprechenden Gutachten einzusehen und sich mit den zuständigen Behörden in Verbindung zu setzen, nicht eingegangen worden sei.
Schalke-Geschäftsführer Peter Peters schoss zurück: "Die Stiftung macht sich lächerlich." Die "erheblichen Mängel" warf er seinerseits den Prüfern vor - sie hätten vorliegende Baugenehmigungen und Gutachten einfach ignoriert.Punkt für Punkt könne man das Gutachten aus Berlin entkräften, und "hätte die Stiftung richtig gefragt, hätte sie das alles niemals schreiben dürfen". Schalke also baut nicht um.Trotzdem wollen die Verantwortlichen die Testergebnisse in Ruhe lesen. "Wir nehmen die Kritik durchaus ernst und werden sie hinterfragen", so Schalke 04. Auch im Rat der Stadt soll dies ein Tagesordnungspunkt werden. Eine "Rote Karte" wird von Schalke nicht akzeptiert!
(gelesen in der WAZ vom11.01.2006)
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