Samstag, 12. August 2006
Das Leben hat wieder Sinn ...
Fünf Wochen nach der Fußball-WM in Deutschland hat das Leben nun wieder einen Sinn bekommen. Der Fußball rollt wieder in der 1. Bundesliga. Gestern startete mit der Partie Bayern München gegen Borussia Dortmund (2:0) nach einer 15-minütigen Eröffnungsfeier mit Feuerwerk und Nationalhymne die neue Saison. Jetzt darf wieder gezittert und mit den Vereinstrikots wieder Farbe bekannt werden. Es dürfen wieder Wetten über Ergebnisse, die Gewinner und Verlierer getätigt werden - wenn auch mit Einschränkungen bezüglich privater Wettanbieter. Es darf wieder gelacht, geweint, gefreut und geflucht werden. Ja man darf wieder Lust haben auf die 44. Bundesligasaison.
Die ziemlich pathetische Eröffnungszeremonie am gestrigen Abend mit antiken Darstellungselementen verheißt wieder "Brot und Spiele". Wer Meister wird, das ist noch nicht sicher, denn das wollen ja viele.
Auch die Schalker aus Gelsenkirchen, die auf ihren Trainingsshirts den Schriftzug "Totale Dominanz" zur Steigerung des Selbstvertrauens tragen. Sie spielen heute in der Veltins-Arena, die gleichzeitig auch ihren 5. Geburtstag feiert, gegen die Frankfurter Eintracht und wollen mit einem Sieg nicht nur die Arena beschenken, sondern auch der Liga beweisen, "wo der Hammer hängt". Bei dieser Begegnung soll auch der 10.000.000ste Zuschauer begrüßt werden.
Die Erinnerungen an die WM in Gelsenkirchen sollen am Montag auch getilgt werden. Dann nämlich wird allerlei Schnickschnack aus jener Zeit im WM-Büro der Stadt verkauft werden. Gegen Bargeld sollen alle möglichen WM-Devotionalien wie Straßenschilder, Fahnen, Banner, T-Shirts oder Krawatten unter die Leute und Fans gebracht werden. Der Erlös wird an eine soziale Einrichtung abgeführt.
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Sicher ist, dass nichts sicher ist, selbst das nicht.
Joachim Ringelnatz (1883-1934), deutscher Lyriker und Erzähler
Feiert heute ihren 5. Geburtstag - die Veltins-Arena in GE
Freitag, 11. August 2006
Ratlos in GE
Der ratlose Autofahrer hielt auf der Kurt-Schuhmacher-Straße (Anm.: Hauptstrasse in GE) an und fragte: "Wie komme ich denn am schnellsten zum Stadion der Borussia?" Das müsse doch ganz in der Nähe liegen .. Er sei schon einmal in Dortmund gewesen, hätte sich jetzt aber - wie damals auch - vermutlich verfahren.
Als er darüber aufgeklärt wurde, dass er sich in Gelsenkirchen und nicht in Dortmund befinde, ging ein fröhliches, entspanntes Lächeln über sein Gesicht. "Mensch, stimmt, das Stadion liegt gleich an der Hafenstraße".
Dies wiederum verwechsele er mit dem Stadion von Rot-Weiß Essen, teilten wir ihm höflich mit. Der Gast zeigte sich verwirrt: "Das Ruhrgebiet ist doch größer als ich dachte." Ob er die "Zecken-Zentrale" in der "verbotenen Stadt", wie wir Schalker sagen, auch fand, das ist nicht bekannt. Der Fahrer kam übrigens aus Leer/Friesland, und der BVB spielt auch heute nicht im Ruhrgebiet, sondern in München bei den Bayern...
Auch wenn es ein schauerliches Wochenende geben soll mit herbstlichen Temperaturen und Indoor-Grillen, macht's Beste daraus.
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Täumen heißt ...
durch den Horizont blicken.
Donnerstag, 3. August 2006
Pläuschchen
Ich habe mich über den Anruf gefreut. "Hallo, schön dass ich Dich antreffe," flötete die weibliche Stimme. Und dann erzählte die Dame von ihren Ferien, wen sie dort getroffen habe, was sie alles unternommen habe.
Sie ließ sich kaum in ihrem Erzähl- und Wortschwall unterbrechen. Bis ich endlich einmal dazwischen kommen konnte: Hier sei Lucki ...Wieso Lucki, meinte sie, sie habe bei Heinz, ihrem Freund, angerufen!
Der war ich nicht, also legte sie sofort auf. Schade, sie hätte sonst vielleicht noch viel mehr erzählt ...
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Dass Frauen auch viel mehr reden als Männer, belegt allein die Tatsache, dass es unmöglich ist, auf diesem Planeten zwei Anglerinnen beim Fischen zu finden.
Samstag, 8. Juli 2006
WM nimmt langsam Abschied
Persönlich merke ich es auch. Das WM-Fieber klingt langsam ab. Die Luft dieses fußballerischen Großereignisses ist langsam raus, obwohl noch die wichtigsten Spiele ausstehen. Unser Team tritt heute gegen Portugal mit einer neuen Mannschaft an. Die Ersatzspieler kommen zum Einsatz. Eine noble Geste, wie ich finde, für all diejenigen Mitstreiter, die noch nicht im Rampenlicht standen. Pokale für uns gab es auch schon. Unser Poldi wurde zum besten Nachwuchsspieler der WM gewählt. M. Klose kann noch den Goldenen Fußballschuh als bester Torjäger erringen, und auch für den besten Spieler des Turniers haben auch noch drei Deutsche ein Eisen im Feuer.
Eins kann man aber jetzt schon sagen. Wenn alles gut geht wie bei dieser WM, dann ist Fußball tatsächlich ein völkerverbindendes Fest. Dann gibt es Impulse für die Integration, dann sind Völkerfreundschaft und Internationalität keine leeren Worthülsen. Deutschland sollte den Schwung der Weltmeisterschaft und damit die Weltoffenheit, die Toleranz und die Aufgeschlossenheit gegenüber Unbekanntem in den Alltag hinüberretten. Damit wäre schon viel gewonnen. Ein Vorrat an guter Stimmung für den Herbst und den Winter kann nicht schaden, wenn die Politiker uns weiterhin tief in die Tasche greifen, und wir ihren fantasievollen Begründungen Glauben schenken sollen.
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Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben. Machen wir uns von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden zu neuem Leben ein.
Christian Morgenstern (1871-1914)
Montag, 26. Juni 2006
Mit Fußball nur am Rande zu tun
Gestern hatte ich fast einen fußballfreien Sonntag, denn unsere Kinder waren aus dem Urlaub aus Mallorca zurückgekehrt, und so haben wir sie kurz einmal besucht und den ganzen Nachmittag bis zum Einsetzen eines kleinen Wärmegewitters im Garten verbracht, gegrillt, geklönt, ja einfach einen herllichen Sonntag verbracht. Die Zeit verging wie im Fluge, und so habe ich auch den Fußball nicht vermisst. Dafür aber konnten wir uns an unserem nicht wasserscheuen Enkelkind Marie erfreuen. Perfekte Wasserlandung!
Am Abend habe ich mir als WM-Süchtiger dann doch noch das Spiel Portugal gegen die Niederlande angesehen. In einem streckenweise brutalen Match gewann Portugal glücklich mit 1:0 durch Maniche. Vier Gelb-Rote Karten und zusätzlich elf Gelbe Karten war die traurige Bilanz und sind bisher einsamer Rekord bei einem WM-Spiel. Verantwortlich dafür war die konsequente Haltung von Schiri Walentin Iwanow aus Russland. Insgesamt eine sehr unsportliche und schmutzige Partie. Mit Fußball hatte diese Schlacht nur am Rande zu tun. Im Viertelfinale treffen die Südeuropäer nun auf England, das sich auch nicht mit Ruhm bekleckerte und ebenso glücklich ein 1:0 durch Beckham gegen Ecuador nach Hause schaukelte.
Im übrigen findet dieses Viertelfinale am Samstag, 1. Juli in Gelsenkirchen statt. Hoffen wir dort auf ein besseres Spiel auf holländischem Gras und friedliche Fans.
Mittwoch, 21. Juni 2006
Mexiko trifft GE-Buer
Heute am vierten und letzten Vorrundenspieltag in der Arena in GE zwischen Mexiko und Portugal steigt auf dem Marktplatz in der buerschen City eine große, bunte mexikanische Fan-Party. Start ist um 11 Uhr, Ende nach Mitternacht..
Der mexikanische Fußballverband richtet die Fiesta aus, um den vielen mitgereisten mexikanischen Fußball-Fans den Aufenthalt in der WM-Stadt GE so angenehm wie möglich zu gestalten. 20000 Mexikaner werden nach Schätzung der Stadt erwartet, deshalb ist die gesamte Innenstadt für den Verkehr, auch die Linienbusse gesperrt.
Ich habe mich heute Mittag mal unter die Fans gemischt und diese Impressionen mitgebracht ...
hier die Bühne auf dem Marktplatz ...
farbenfrohe Fans ...
gut gelaunte Mexikaner ...
ein Sombrero gehört zur Standardausrüstung
..auch kleine Mexikanerinnen gab es auf der Fanmeile ...
...natürlich wollte ich auch einmal in der Mitte der Südamerikaner sein, denn wann werde ich so eine Fiesta noch einmal erleben. Morgen mehr über dieses einzigartige Ereignis.
Mittwoch, 7. Juni 2006
Revier-Dönekes zur WM
Revier-Dönekes
Das Ruhrgebiet, das ist ein Stück Rheinland und ein Stück Westfalen und inzwischen ein Völkergemisch aus Polen, Belgiern, Italienern, Türken und vielen anderen Nationalitäten.
Historisch gesehen war das Ruhrgebiet immer schon ein Land der Fremden, die diese Region nachhaltig prägten. Die Montanindustrie lockte Menschen aus den Niederlanden, die ihre Liebe zum Fisch mitbrachten. Belgier machten den Endiviensalat und die Esskultur des Spargels bekannt. Viele Zutaten für die Ruhrgebietsküche lieferten aber auch die Nachbarregionen. Als Beispiel sei hier der rheinische Sauerbraten und der westfälische Pfannkuchen erwähnt. Den Stielmus sucht man in Hamburg sicherlich vergebens, denn außer im Revier wird er nur noch in Frankreich geschätzt, und man sagt, Napoleon habe ihn hierher mitgebracht als er mit seinen Truppen hier durchzog. Auch sprachlich fand dieses Ereignis in der Redewendung "mach keine Fissematenten" durchaus seinen Niederschlag, eine sprachliche Verformung der Aufforderung französischer Soldaten an ein Mädchen, ihr Zelt aufzusuchen (Visite ma tente). Heute hat es die Bedeutung, keinen Zwergenaufstand also nicht viel Aufhebens um Nichts zu machen.
Kulinarisch gesehen ist das Ruhrgebiet ein Eintopfland. Immer gleich und doch immer anders.
Kartoffeln, Fleisch und vor allem Gemüse köcheln gemeinschaftlich vor sich hin. Das hat seinen Ursprung darin, dass man in frühen Zeiten nur eine einzige Feuerstelle hatte und deshalb auf das Kochen in einem Pott angewiesen war. Erbsen, weiße oder grüne Bohnen, Linsen, Sauerkraut, Grünkohl, Stielmus, Möhren mit Speck, Fleisch, Kartoffeln verfeinert mit verschiedenen und geheimsten Gewürzmischungen sättigen in Fußgängerzonen, auf Volksfesten, vor dem Fußballspiel oder auf Betriebsfeiern Jung und Alt.
Die unterschiedlichen Zutaten wirken zusammen und ergeben im Pott- wie die Region auch liebevoll genannt wird- eine ganz neue Mischung.
Die bäuerlich geprägten Arbeitsimmigranten brachten ihre Lebensweise mit in die Kolonien und Wohngebiete. Eine weitere Einnahmequelle erschlossen sich viele Familien, indem sie ein Stück Land pachteten oder einfach bearbeiteten. Das Stück Land lag nur in den Musterkolonien direkt hinter dem Haus. Mit dem Bergarbeiterlohn konnte die wirtschaftliche Existenz der Familie nicht gesichert werden. Auf dem Stückchen Land zogen sie Kartoffeln und Gemüse für die Selbstversorgung. Gezogenes aus dem Grabenland oder dem Kleingarten war mehr als ein guter Ersatz für die frischen Zutaten vom Markt. Die Menschen hier liebten und bearbeiteten den Boden, und der Boden gab ihnen die Geschenke- unten die Kohle und oben das Gemüse. Der größte Teil des geernteten Gemüses wurde eingemacht oder eingeweckt, benannt nach Weck, dem Hersteller von Einmachgläsern.
Die Bergarbeiterfamilien hielten sich zudem Kaninchen, Geflügel und Ziegen. Für die Tiere wurden eigens Stallungen hinter den Koloniehäuschen errichtet. So meckern Bergmannskühe (Ziegen) hinter den Koloniehäuschen und der Kawenzmann (Kanickel) raschelt im Stall.
Heimischer Fisch für den Handel und für die Gastronomie kommt aus den Teichen der Region. Die Bewirtschaftung von stehenden Gewässern im Westfälischen, im Norden des Reviers, oder der aufgestauten Bäche an den Ausläufern des Sauerlandes im Süden des Reviers, war auch eine Reaktion auf die Verschmutzung der Flüsse in der Region. "Tu´Butter bei die Fische" forderten die Bergleute nicht nur beim allwöchentlichen Heringsbraten. Die Worte bekamen Flossen.
Das Ruhrgebietsdeutsch war immer ein historischer Spiegel der Region. Klar das der "melting-pot" deshalb viele Worte und Wendungen aus dem Jiddischen, aus der polnischen Sprache und auch regionale Varianten aus dem Oberschlesischen hat und Dialekte aus dem Niederdeutsch und Westfälischen mit der hochdeutschen Variante verschmolzen. Aber auch herrlich skurrile Neuschöpfungen, die die ehrliche und offene Sprache des Reviers kennzeichnen, wurden erschaffen. So weiß man nur hier, dass mit Ärpelschlot der Kartoffelsalat , Matschare etwas Essbares meint und dass bei Zwistigkeiten nicht nur zur Weihnachtszeit der Panhas am Christbaum hängen kann.
Panhas ist auch ein Stück Ruhrgebiet. Die Arbeitsschritte bei der Herstellung der Urmasse sind wie folgt: Wasser in den Töpfen erhitzen und wenn es kocht, werfen wir Schweinefleisch hinein, Backen meist oder Kopffleisch. Zwei Stunden kocht das Fleisch. Dann passieren wir den Sud, das Fleisch wird klein geschnitten. Nun kippen wir Schweineblut hinzu und Buchweizenmehl. Dann die Gewürze, Salz, Pfeffer, Nelke, Majoran, Thymian – nur eine Prise, dann geriebene Zwiebel, und Zucker. In eine Form gebracht, erkaltet und in Scheiben geschnitten und dann zu Hause in der Pfanne mit Schmalz gebraten. Wirklich ein Genuss, im Handel angeboten wird er nur in den Wintermonaten.
Im Ruhrpott darf´s gern immer handfest sein. Wo viel Arbeit ist, da wird ordentliche zugelangt. Und so ist das Essen der Kumpel nicht raffiniert, sondern einfach und nahrhaft. Gut und modern zubereitet aber ein Gedicht. In der Kohlengrube gibt es keine Kantine. Der Bergmann nahm sich ein "Fresspaket" mit an den Arbeitsplatz. Vor Ort wurde dann gegessen. Die "Dubbels" waren und sind jene doppelte Kniften (reich belegte Brote) in Zeitungs- oder Butterbrotpapier verpackt und in das Grubentuch gewickelt, in das man beim Hinausgehen aus der Grube Stücke Holz für den eigenen Ofen daheim mit hinausschmuggelte – das sogenannte Mutterklötzchen. Dazu kalter oder lauwarmer Kaffee. Bier gab es erst abends. In der blechernen "Teepulle" eines Stahlkochers konnte es schon dagegen mittags zu finden sein.
Aber es gab auch die 'Feine Kost' für die Zechenbarone in ihren Stadthäusern. Die Herrschaften vertafelten so viel Geld an einem Tage wie das Dienstmädchen in einem halben Jahr an Lohn bekam (das war 1911).
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