1993 wurde das Projekt "Kunst am Baum" vom Kunstverein Gelsenkirchen ins Leben gerufen. Das Projekt zielt daruaf ab, den musealen Raum zu verlassen und den Menschen die Möglichkeit zu geben, der Kunst in freier Natur rein zufällig zu begegnen. Standort dieser Objekte ist der Park Schloss Berge nördlich des Sees an der Adenauerallee/Spielplatz. Die vielfältige Auseinandersetzung mit Kunst, Mensch und Natur wurde hier angestrebt. Als Material dienten teilweise kranke oder zu fällende Bäume, was nun mehr auch an dieser Stelle deutlich sichtbar wird. Verwitterungen oder Altersschwäche haben so manches Kunstwerk "vergänglich" gemacht.
Heute stelle ich Euch wieder ein paar noch gut erhaltene Werke vor, die die Konzeption und die mannigfaltigen Ideen widerspiegeln.

Links sehen wir das Kunstwerk "Zur Sonne, zur Freiheit" von Roger Löcherbach (1963/Kirchen, Westerwald) aus dem Jahr 2004. Plastisch und figürlich ist diese Baumsäule mit aufwärtsstrebenden, in sich verschlungenen Frauengestalten gearbeitet. Es soll das Streben, den Drang und die Sehnsucht nach Licht in der Natur symbolisieren.
Ein Jahr zuvor, in 2003, entstand die Skulptur "Großer Winkelstand" von Gunther Hülswitt (1947/Eckernförde). Rein nüchtern betrachtet besteht die Figur aus drei Vierkant-Segmenten, die mittels Holzscharnieren verbunden sind und ca. 3 m hoch ist. Sie orientiert sich jedoch an der menschlichen Körperhaltung mit ihrer Spannung und Dynamik. Eine abstrakte auf das Wesentliche reduzierte Körperstudie, was auch durch die Verjüngung der Figur von oben nach unten unterstrichen wird.

"infelix lignum II", unglückliches Holz, so benannte Felix Droese (1950/Singen) sein Baumobjekt (links im Bild), das 2006 im Sulpturenwald entstand. Auf einem ca. 6 m hohen Stamm hat der Künstler ein von allen Seiten gleichgroßes Kreuz geschlagen. Der Titel der Arbeit bezeichnet das Folterkreuz zu Zeiten der Römer. Es ist die bisher letzte geschaffene Skulptur aus dem "Kunst am Baum"-Zyklus.
Wang Shugang (1960/Peking) ist der Erschaffer der Baumskulptur "Blick" aus dem Jahre 2000. Auf einem Sockel steht ein unbekleideter Mann, der ein quadratisches Holz in den Himmel streckt, das durch ein Loch einen eingeschränkten Blick freigibt. An dieser Platte kann man noch eine deutliche rote Farbgebung erkennen, die eine besondere Hervorhebung des Blickes betonen soll, ein Markenzeichen des Künstlers.
Größere Abbildungen oder andere Perspektiven der "Kunst am Baum" findet Ihr in unserer ge.larie.
Faszinierend mal auf den Spuren eines so naheliegenden Kunst-Ensembles zu wandern, das die Verbindung von Natur und zeitgenössischer Kunst offenbart. Eigentlich unverzeihlich, dass ich mich nicht schon eher mal dafür interessiert habe. Der Auslöser für mein spätes Interesse, das will ich meinen geneigten Leser/innen aber auch nicht verhehlen, weil es nämlich ganz lustig ist, war ein ganz anderes. Ich war auf der Suche nach dem "Schnullerbaum", der dort auch beheimatet ist, und Kindern, die ihren Schnuller los werden wollen, die Möglichkeit bietet, ihre "Lutsche" in diesen dafür vorgesehenen Baum zu hängen. Nur ausgerechnet diesen wiederum, habe ich einfach vergessen zu fotografieren. Das andere war einfach zu spannend;-)) Aber durch meine Enkelin Marie werde ich sicherlich noch viele Gelegenheiten dazu bekommen, zumal dort auch ein paar Spielplätze geschaffen wurden.
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Die Kunst ist der Übergang aus der Natur zur Bildung und aus der Bildung zur Natur.
Friedrich HölderlinÂ
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