Heute haben wir zunächst eine pädagogische Tagung, am Nachmittag dann die obligatorischen Zeugniskonferenzen.
"Lernberatungsgespräche" ist das übergeordnete Thema, die für die einzelnen Bildungsgänge an unserer Schule sehr unterschiedlich ausfallen. Das liegt an den Strukturen der jeweiligen Bereiche. Voll- und Teilzeitunterricht unterscheiden sich da schon gewaltig, so dass eine Differenzierung auch in der Weiterentwicklung angebracht ist.
Dennoch fürchte ich wieder diese Sprechblasen wie Synergieeffekte, Kompetenzfelder, Materialpool, Netzwerke, Zielvereinbarungen, Projektmanagement, Portfolio etc. Das hört sich alles international an, sind auch gängige Fachbegriffe, doch am Ende fragt man sich: welche neuen Erkenntnisse hat man gewonnen und welchen Fortschritt soll das Ganze bringen. Papier allein ist geduldig. In der EU, das sollte nicht unerwähnt bleiben, beschäftigit sich man auch gerne mit der Ãœbersetzung angeblicher Fachbegriffe. Ein Beispiel dafür ist die Ãœbersetzung eines derzeit gängigen Terminus aus dem Englischen ins Deutsche: 'Geschlechtersensible Folgenabschätzung'. Aber das passt halt nicht so gut zu Synergien und Kompetenzen wie 'Gender Mainstream'.
"Pisa-Studien" sind bekannt, nun kommt "Talis" (Teaching and Learning International Survey). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nimmt nicht nur die Leistungen von Schülern unter die Lupe, sondern hat jetzt auch die Arbeitsbedingungen von Lehrern in 23 Industrienationen untersucht. Die Ergebnisse wurden am Dienstag in Brüssel vorgestellt: Schuldirektoren klagen über einen Mangel an qualifizierten Lehrern. Diese bekommen zu wenig Rückmeldung und Anerkennung. Außerdem gibt es kaum Leistungsanreize. Bemerkenswert dabei ist, dass Deutschland sich nicht an der internationalen Talis-Studie beteiligt hat. Hatte man vielleicht geahnt, dass es hier keinen Lorbeerkranz zu gewinnen gibt, vielleicht gar Schlusslicht wird? Wollte man sich eine weitere Schlappe in der Bildungspolitik nicht antun? Nachdenkenswert ist die Nicht-Beteiligung allemal, vor allem deshalb, weil man sich doch sonst so gerne mit dem Flair der Internationalität rühmt!
Das bekommen nun auch die Studenten an den Unis zu spüren. Leistungsdruck, Auslese, Studiengebühren und Abschlüsse, die in kürzester Zeit erreicht werden sollen, produzieren Unmut und mehr Studienabbrüche als je zuvor. Genau das Gegenteil wollte man erreichen. So gibt es nun den Bachelor für die "Fertigen" und den Master für die "Fix- und Fertigen".
Auch der Leistungsdruck an den Gymnasien hat sich drastisch erhöht. Das Turbo-Abi in 8 Jahren hat sich keinen guten Ruf bei den Beteiligten erworben. Verständlich, dass die Betroffenen sich nun auflehnen und auf der Straße protestieren. Das Ziel der Internationalität rückt damit in weite Ferne.
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Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
Arthur Schopenhauer (1788 - 1860), Philosoph
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