Irgendwie passt das trübe Wetter zum heutigen Feiertag. Totensonntag, Ewigkeitssonntag, Sonntag vom jüngsten Gericht, Christkönigsfest, Letzter Sonntag des Kirchenjahres - viele Namen hat es im Laufe der Zeit für diesen Gedenktag gegeben.
Die evangelische Landeskirche übernahm diesen Feiertag und er wurde zum Gegenstück des katholischen Feiertags Allerseelen. [siehe unseren Bericht hier]
Auch ich habe heute das Grab meines Vaters aufgesucht, gestern Nachmittag allerdings auch. Warum ich dies besonders betone? Nun viele Leute gehen nicht gerne zum Friedhof, Allerheiligen oder der Totensonntag mögen da vielleicht eine Ausnahme sein. Bei mir ist das anders. Der Buersche Freidhof, das habe ich sicherlich schon einmal an anderer Stelle erwähnt, ist wie ein Park angelegt und lädt förmlich zum Spazierengehen ein.
Ich mag die Natur dort ebenso wie die Stille. Der Friedhof hat nichts Beängstigendes für mich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als 14jähriger dort in den Ferien in einer Friedhofsgärtnerei gearbeitet habe. 1 DM die Stunde! Das war überhaupt mein erster Ferienjob. Heute mache ich dort meine Runden mit Xmas, bewundere die Veränderungen der Jahreszeiten in der Natur und bin dort weit weg von Hektik und Gebrusel. Vereinzelt trifft man mal auf einen Jogger oder Spaziergänger. Gelegenheit auch mal auf die eine oder andere Grabinschrift zu schauen, wo man dann feststellt: Ach, den hast du doch gekannt. Zwangsläufig werden dadurch Erinnerungen an längst vergessene Zeiten wach, und mir wird klar wie schnelllebig doch die Zeit ist und auch welche Veränderungen der Tod eines Menschen gebracht hat.
Mit Tod und Trauer umzugehen ist sicherlich nicht leicht, wo unsere Gesellschaft heute hauptsächlich auf Coolness getrimmt ist. Für mich ist jedoch solch ein Ort der Stille ein Geschenk, um meinen Gefühlen und Gedanken freien Lauf zu lassen, auch zu begreifen, das Tod und Leben sich wie die Jahreszeiten zu einander verhalten. Ein ständiges, nicht aufhaltbares Wechseln und Gehen. Für mich ist der Friedhof auch nicht ein Ort des Todes, sondern der Lebendigkeit, ein Zeitzeuge mit vielen Facetten und Geschichten, sicherlich ein Ort, traurige Erfahrungen zu verarbeiten.
Erst kürzlich erfuhr ich, was es mit einem ganz bestimmten Teil des Friedhofes auf sich hat. Ich bin dort schon zig Male daran vorbei gegangen, habe die dort aufgestellte Skulptur schon mehrfach fotografiert und mich manchmal gewundert, warum dort Blumen, Spielzeug oder auch Vasen auf einem freien Rasenstück aufgestellt oder hingelegt worden waren. Oft nicht besonders ordentlich, vielleicht hat mich das verwirrt.
Nun ist mir des Rätsels Lösung bekannt. Hier nehmen Angehörige Abschied von Menschen, die sie gar nicht kennenlernen durften. Fehl- oder Totgeburten. Somit ein "Gräberfeld für nicht bestattungspflichtige Kinder" wie es im Amtsdeutsch heißt. Ein Ort, den die Eltern besuchen und mit Spielzeug schmücken können, um ihre persönliche Trauer oder Katastrophe zu verarbeiten, zu akzeptieren und zu bewältigen. Für viele Frauen auch ein Ort, der ihnen auch Trost und Kraft gibt, vielleicht einem neuen Erdenbürger ein Leben zu schenken.
.................................................
Die Träne ist die Sprache der Seele und die Stimme des Gefühls.
Filippo Pananti (1766-1837)
Kommentare